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Die Anthropologiestudentin Dina bereist für ihre Dissertation zum Thema Kannibalismus gemeinsam mit ihrem Bruder Gary und Freundin Pat das beschauliche Amazonas-Gebiet. Als ihr Leihwagen im Morast der Straße stecken bleibt, beschließen sie, ihren Weg zu Fuß fortzusetzen. Unterwegs trifft das Trio auf Mike, einen Drogenhändler, sowie dessen Freund Joe, der verwundet worden ist und behauptet, auf der Suche nach Smaragden von Kannibalen attackiert worden zu sein. Doch ist dem so oder verbirgt Mike etwas?

1980 legte Italo-Regisseur Ruggero Deodato mit "Cannibal Holocaust" (dt. "Nackt und zerfleisch") die Messlatte für den Kannibalen-Horror. Einem Werk, das abgesehen von den schauderhaften Tiertodessequenzen, ein beachtliches Dokument über die Grausamkeit, die Bosheit und das ungezähmte Lustgefühl der Weißen repräsentiert. Obgleich dieser Film, vor allem aufgrund der genannten Szenen, die insbesondere Tierfreunden reichlich Anlass bietet "Nackt und zerfleischt" in der Luft zu zerreißen, meist keine guten Karten hat, so meine ich - und ich wiederhole mich gerne - dass "Cannibal Holocaust" aufgrund seiner Symbolik, Darstellung, Kamerarbeit und Regie noch bei weitem der beste Beitrag zum Kannibalen-Genre ist.
Gemeinsam mit dem 1981 erschienen "Die Rache der Kannibalen" wird dieser meines Erachtens aus unerfindlichen Gründen als das "heilige Duo", also die einzigen beiden Filme, die man als Interessent oder Anhänger des bluttriefenden Genres kennen sollte, angesehen, während "Jungfrau unter Kannibalen", "Lebendig gefressen" oder "Die weiße Göttin der Kannibalen" gerne einmal unter dem Prädikat "Wenig interessant" ausgeklammert werden.
Und eigentlich, so gestehe ich, würde ich nun wesentlich lieber "Cannibal Holcaust" etwas genauer unter die Lupe nehmen, doch dieser Film ist bekannterweise seit Jahrzehnten beschlagnahmt und darf daher weder öffentlich gezeigt noch verkauft werden.

Wie auch immer, "Die Rache der Kannibalen" (engl. "Cannibal Ferox") ist trotz seines eigentlich schon legendären Rufes zweifelsfrei kein Meisterwerk. Mehr noch, es ist sogar ein Stück weit davon entfernt davon, gut zu sein.
Der Film kommt in der ersten Hälfte etwas unstrukturiert daher. Man springt von einer Szene zur nächsten ohne der Geschichte Zeit zu geben, sich entfalten zu können und es scheint so, als wolle man die - langweilige - erste Hälfte zugunsten der weitaus heftigeren zweiten schnell hinter sich lassen. Selbst für ein Werk aus der Horrorecke ist diese Leistung etwas mager - bei "Tanz der Teufel" etwa hat die Umleitung zu den heftigen Szenen wesentlich besser und dank einer geschickten Inszenierung und einer von Anfang an vorhandenen unheimlichen Atmosphäre funktioniert.
In den zähen ersten 45 Minuten geschieht bis auf das langsame kennenlernen der Charaktere (untereinander und mit dem Zuschauer) und den auch hier vorhandenen Tiertötungsszenen kaum etwas, wobei ich alle Kritiker verstehen kann, die Filme alleine aufgrund dieser teilweise sehr heftigen Szenen verteufeln, zumal sie diesem keinen zusätzlichen Wert einbringen. Im Gegensatz zu Ruggero Deodato's vielgerühmtem Werk, wird die Gewalt an Tieren bei "Cannibal Ferox" nicht ausgiebig zelebriert, was die einzelnen Szenen - abgesehen davon, dass hier zum Teil "nur" das Auffressen von Tieren durch andere Tiere im Sinne der Nahrungskette gezeigt werden - zumindest erträglicher als manch andere des Genres macht.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die schlechte Schauspielerleistung der Darsteller. Die Synchro klingt schamlos gelangweilt, immer passend zu den Gesichtsausdrücken der nicht gerade namhaften Schauspielertruppe. Einzig Giovanni Radice sticht als Mike in den meisten Szenen die anderen locker aus.

Kameraführung und Schnittarbeit bieten ebenso keinen Anlass zum Jubel: Von ordentlichen Cuts und Aufnahmen in der Totale dürfte Kameramann Giovanni Bergamini jedenfalls noch nichts gehört haben.

Und die angeblich vorhandene extreme Brutalität, die mitunter ein Grund gewesen sein soll, den Film in angeblich über 30 Ländern zu verbieten? Die ist zwar vorhanden, doch es gibt heute sicherlich auch schlimmeres, zumal der Film auch erst in den letzten 30 - 35 Minuten diesbezüglich an Fahrt aufnimmt.

Ist "Die Rache der Kannibalen" aber deswegen eine bodenlose Enttäuschung? Nein, denn er macht trotz der überwiegenden Kritikpunkte definitiv mehr richtig, als so mancher Tiefpunkt der Filmgeschichte ("Birdemic", "The Amazing Bulk", "Metal Man", um nur einige zu nennen). Ob das alleine ein Grund sein soll, den insgesamt ohne Zweifel in der unteren Mittelschicht einzureihenden Film anzusehen, sollte jeder selbst entscheiden dürfen.

Resümee: Ein mit ekelerregenden Szenen strotzender Horrorfilm, der sich schamlos damit brüstet, der brutalste Film aller Zeiten zu sein. Storytechnisch dünn und qualitativ insgesamt minderwertig, ist "Cannibal Ferox" nur für die eingefleischtesten Horrofans ein Pflichtkauf